Auch wenn der spätere Erbe während eines langwierigen Erbstreits noch keinen Zugriff auf den Nachlass hat, muss er Nachzahlungszinsen zu den Steuern auf die Erträge leisten, sobald diese zugeordnet werden können.
Langwierige Auseinandersetzungen ums Erbe sind keine Seltenheit. So lange aber nicht klar ist, wem das Erbe zusteht, ist auch nicht klar, wem die Erträge daraus zuzurechnen sind. Deshalb kann in solchen Fällen die Einkommensteuer auf die Erträge manchmal erst viele Jahre später festgesetzt werden. Doch ein mehrjähriger Streit ums Erbe schützt den oder die Erben nicht vor Nachzahlungszinsen zur Steuer auf die erst später besteuerten Erträge. Daran ändert laut einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs auch die Tatsache nichts, dass der oder die Erben während des Erbscheinverfahrens keine Nutzungsmöglichkeit der Nachlassgegenstände hatten, so lange noch nicht klar war, wer an der Erbengemeinschaft beteiligt ist und wem welche Einkünfte zuzurechnen sind.

Die Verzinsungsregelung basiert auf der typisierenden Annahme eines Liquiditäts- und Zinsvorteils durch die spätere Tilgung der Steuerschuld. Ob tatsächlich ein Zinsvorteil bestanden hat, spielt dabei keine Rolle. Daher führt der Umstand, dass der Erbe aufgrund der unklaren Erbrechtssituation nicht in der Lage war, die Besteuerungsgrundlagen früher zu ermitteln oder zu schätzen und eine Vorauszahlung auf die zu erwartenden Steuern zu leisten, keine sachliche Unbilligkeit. Der Bundesfinanzhof wies deshalb die Klage des Erben ab, nachdem das Finanzamt den Erlass der Nachzahlungszinsen aus sachlichen Billigkeitsgründen abgelehnt hatte. Im Streitfall hatte der Erblasser mehrere Testamente hinterlassen, die zu langjährigen Streitigkeiten um die Erbfolge führten, weil die möglichen Erben aus früheren Testamenten die Testierfähigkeit des Erblassers bei späteren Testamenten in Zweifel zogen.